Wenn schon Steuerrecht, dann...!!

    Wir schreiben das Jahr 1984. FĂĽr viele ein sehr bedeutsames Jahr. Auch fĂĽr unseren Dozenten Prof. Dr. Hans Nieskens sollte dieses Jahr in Erinnerung bleiben. Warum das Jahr so bedeutend war und welcher alles entscheidenden Frage er gegenĂĽberstand, erfahren Sie hier.

    Wie so oft kommt unverhofft

    Wir schreiben das Jahr 1984 und die alles entscheidende Frage stand an:
    In welchem Rechtsgebiet des Steuerrechts möchte ich tätig sein?

    Zur Auswahl stand die Einkommensteuer, die sich aber viel zu schnell auch damals schon änderte und damit für einen Anfänger nicht in Betracht kam.
    Die Abgabenordnung war viel zu formal, Bilanzrecht schied fĂĽr einen Juristen (judex non calculat) quasi berufsbedingt aus, die Bewertung war dann doch etwas zu bedeutungslos.

    Wenig ĂĽberraschend fiel die Wahl auf das Umsatzsteuerrecht, damals eine Steuerart mit ĂĽberschaubarem Umfang (ca. 30 Vorschriften), einer nur alle 15 Jahre vorkommenden gesetzlich bedeutungsvollen Ă„nderung und einer von der Rechtsprechung weitgehend unbeachteten praktischen Relevanz. Also fĂĽr mich genau das Richtige.

     Aber wie so oft kommt unverhofft: Völlig unterschätzt oder auch kaum vorhersehbar, war der unionsrechtliche Einfluss, den seit den 90er-Jahren das nationale Umsatzsteuerrecht prägt. Beginnend im Jahre 1993 mit Umsetzung der Neuregelung zum sog. Umsatzsteuer-Binnenmarkt, bis hin zur Richtlinie 2017/2455 in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten fĂĽr die Erbringung von Dienstleistungen und fĂĽr Fernverkäufe von Gegenständen und der Richtlinie 2018/1910 in Bezug auf die Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, dominiert zunehmend das Unionsrecht das nationale Umsatzsteuerrecht.  Der nationale Gesetzgeber kann nur noch reagieren, wie zuletzt durch das Jahressteuergesetz 2020 mit ĂĽber 100 Ă„nderungen in sieben Ă„nderungs-Artikeln, nicht aber selbst mehr agieren.

    Nun wäre allein der Einfluss des Unionsrechts mittels einer Richtlinie grundsätzlich noch nicht ganz so dramatisch, da nach allgemeinen Grundsätzen eine Richtlinie nur dann nationale Konsequenzen auslösen kann, wenn sie ins nationale Recht umgesetzt wird, wie z.B. durch das zuvor beschriebene Jahressteuergesetz 2020. Unglücklicherweise mischt aber auch noch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit, der für sich das Recht beansprucht, in vielen Fällen die Regelungen des Unionsrechts für direkt und unmittelbar anwendbar zu erklären. Das bedeutet: Kommt der EuGH zum Ergebnis, dass eine Norm des nationalen Umsatzsteuerrechts in seiner konkreten Auslegung gegen Unionsrecht verstößt und liegt dem Unionsrecht – in der Interpretation des EuGH – eine Norm zugrunde, die direkt und unmittelbar anwendbar ist, gilt alleine das Unionsrecht. Für den Praktiker bedeutet dies aber unweigerlich, dass er
    1. die unionsrechtliche Norm kennen,
    2. das entsprechende EuGH-Urteil nachvollziehen und
    3. den Rückschluss auf die nationale Norm und die Rechtsfolgenwirkungen einschätzen können muss.

    Das Ganze wird dadurch getoppt, dass die nationale Norm eventuell vom Wortlaut her richtlinienkonform interpretierbar, teleologisch extensiv oder reduktiv auslegbar oder unanwendbar ist. Im Falle der Unanwendbarkeit steht dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zwischen der nationalen Norm, die ja nach wie vor gültig ist, und dem Unionsrecht zu. Er kann die für ihn günstigere Rechtsfolge wählen, muss sich aber im Zweifel auf einen Widerspruch seitens der Finanzverwaltung gefasst machen.

    Letztlich muss der Steuerberater neben dem nationalen Umsatzsteuerrecht auch noch das Unionsrecht mit MwStSystRL und MwSt-VO, die aktuellen und anstehenden EuGH-Entscheidungen im Auge haben und all seine Fälle offenhalten, sofern sie denn eventuell von einer günstigen EuGH-Rechtsprechung profitieren können.

    Jüngstes Beispiel ist die Frage nach der Unionsrechtskompatibilität der Organschaftsregelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Es steht mittlerweile fest, dass die Beschränkung der Organschaftsregelung auf juristische Personen als Organgesellschaften unionsrechtswidrig ist. Eine direkte Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Regelung hat der EuGH allerdings abgelehnt. Dies veranlasste, den BFH, V. Senat dazu, im Wege einer teleologischen Reduktion den Begriff der „juristischen Personen“ auch auf Personengesellschaften auszudehnen (soweit nur alle Gesellschafter der Personengesellschaft finanziell in den Organträger eingegliedert sind). Nur am Rande sei erwähnt, dass der zweite für Umsatzsteuer zuständige Senat des BFH, der XI. Senat, dies ganz anders sah und eine kapitalistisch geprägte Personengesellschaft, wie eine GmbH & Co. KG, stets als Organgesellschaft ansehen wollte. Mittlerweile musste der EuGH sich erneut mit dieser Frage beschäftigen, sinnigerweise aber auf Vorlage eines Finanzgerichts. Fest steht jetzt, dass die Sichtweise des V. Senats auch nicht dem Unionsrecht (so wie der EuGH es versteht) entspricht.

    Doch damit nicht genug: zeitgleich haben beide fĂĽr die Umsatzsteuer zuständigen Senate des BFH  abermals den EuGH angefragt (allerdings mit entgegenstehender Rechtsauffassung), ob der fĂĽr den Organkreis im nationalen Recht als Steuerschuldner auftretende Organträger ĂĽberhaupt der richtige Steuerschuldner sei und nicht etwa – wie im Unionsrecht gefordert - die Mehrwertsteuergruppe, so dass mangels national möglicher Steuerschuldnerschaft einer „Mehrwertsteuergruppe“ in sämtlichen noch offenen Fällen die bereits erfolgte Besteuerung eines Organkreises rĂĽckgängig zu machen und die bereits vereinnahmte Umsatzsteuerschuld wieder auszuzahlen sei, ohne sie gegenĂĽber einem anderen Steuerschuldner festsetzen zu können. Gleichzeitig wurde angefragt, ob nicht eventuell doch das Unionsrecht zu einer direkten Anwendung fĂĽhren könne.

    Sie sehen: Komplizierter geht es fast nicht mehr. Dem Berater bleibt nur ĂĽbrig, entweder auf sämtliche Umsatzsteuermandate zu verzichten, sich umfangreich alleine auf die Umsatzsteuer zu konzentrieren oder – und dies ist die Alternative, die wir Ihnen vorstellen möchten – bei uns im Rahmen regelmäßiger Up-Dates die notwendigen Informationen in komprimierter Form EINZUHOLEN -  vorgestellt natĂĽrlich nur von hochrangigen Umsatzsteuer-Experten ;-)

    Ich hoffe, Sie treffen die richtige Entscheidung und ich darf Sie bald bei einer unseren nächsten Umsatzsteuer-Seminaren oder Videos begrüßen.

    P.S.: Mitte November bieten wir Ihnen ein Seminar, welches Ihnen einen Ăśberblick ĂĽber die wichtigsten Neuerungen, Ă„nderungen und Hot Spots zur Umsatzsteuer 2021/2022 verschafft, dargestellt durch die absolute Spitzenkenner des Umsatzsteuerrechts aus Verwaltung, Rechtsprechnung und Praxis. Hier gehts zur Umsatzsteuer-Jahrestagung 2021.

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