Einkommensteuer | Begrenzung der Kindergeldauszahlung gem. § 70 EStG (FG)

    § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, mit dem die Kindergeldauszahlung auf die letzten sechs Monate vor Antragstellung begrenzt wird, ist verfassungsgemäß (FG Münster, Urteil v. 21.5.2021 - 4 K 3164/20 AO, Revision anhängig; BFH-Az.: III R 21/21).

    Hintergrund: Gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG erfolgt eine Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Die Vorschrift ist gem. § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18.07.2019 eingehen.

    Sachverhalt: Streitig ist, ob § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG in der durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (SozialMissbrG) v. 11.7.2019 (BGBl I 2019, 1066) geänderten Fassung einer Kindergeldauszahlung entgegensteht.

    Die Klägerin bezog in der Vergangenheit u.a. für ihren Sohn K. Kindergeld, weil dieser sich in Ausbildung befand. Für Januar 2017 teilte die Klägerin das Ende der Ausbildung mit, woraufhin die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2017 aufhob. Mit Antrag vom 29.07.2019 beantragte die Klägerin rückwirkend Kindergeld für ihren Sohn K., weil dieser seit 2014 ein ausbildungsbegleitendes Verbundstudium absolvierte. Mit Bescheid vom 26.08.2019 erfolgte zwar eine antragsgemäße Kindergeldfestsetzung. Die Beklagte wies im Bescheid aber darauf hin, dass wegen § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG eine Auszahlung erst ab Januar 2019 erfolgen kann.

    Das FG Münster bestätigte die Anwendung der verfassungsgemäßen Vorschrift:

    • Die Einführung der Regelung in § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das SozialMissbrG ist die Reaktion des Gesetzgebers auf die (von ihm offenbar unbeabsichtigte) Zuordnung des § 66 Abs. 3 EStG a.F. zum Festsetzungsverfahren durch die Finanzgerichte und den Bundesfinanzhof – BFH – (s. dazu statt vieler BFH-Urteil vom 19.02.2020 III R 66/18, BStBl II 2020, 704) und sollte der „Klarstellung“ der Zuordnung der Auszahlungsbeschränkung zum Erhebungsverfahren dienen (vgl. Begründung zum Entwurf des SozialMissbrG, BT-Drucks. 19/8691, S. 65, 67).
    • Im Übrigen ist die sachgerechte und verfassungsgemäße Berücksichtigung etwaiger Antragsfristen Ziel und Aufgabe von § 31 EStG und wäre ggf. der Einkommensteuerfestsetzung entgegenzuhalten. Entsprechendes hat der BFH ebenfalls im Urteil v. 9.9.2020 - III R 37/19 (a.a.O.) zu § 66 Abs. 3 EStG a.F. ausgesprochen.

    Hinweise

    Die Revision ist beim BFH unter dem Az. III R 21/21 anhängig.

    Das vollständige Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

    Ein weiteres Urteil zu § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG finden Sie hier (FG Münster, Urteil v. 21.5.2021 - . 4 K 3198/20 Kg).

    Quelle: FG Münster, Urteil v. 21.5.2021 - 4 K 3164/20 AO; FG Münster Newsletter v. 15.7.2021 (JT)

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