Einkommensteuer | Abzug von Erhaltungsaufwendungen i. S. von § 82b EStDV (BFH)

    Hat der Steuerpflichtige größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und verstirbt er innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungsjahr des Versterbens als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen (entgegen R 21.1 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStR 2012) (BFH, Urteil v. 10.11.2020 - IX R 31/19; veröffentlicht am 22.4.2021).

    Hintergrund: Grundsätzlich sind Werbungskosten nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG in dem Veranlagungszeitraum abzuziehen, in dem sie geleistet worden sind. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. r Doppelbuchst. aa EStG i. V. mit § 82b Abs. 1 Satz 1 EStDV kann der Steuerpflichtige größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, abweichend von § 11 Abs. 2 EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen.

    Sachverhalt: Der Ehemann der Klägerin verstarb am 12.1.2016. Im Streitjahr wurde die Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der verstorbene Ehemann der Klägerin war Eigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Aus diesem erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

    Die Beteiligten streiten darüber, ob noch nicht berücksichtigte Erhaltungsaufwendungen i. S. des § 82b EStDV im Todesjahr (Streitjahr) in einer Summe beim Erblasser abziehbar sind oder die Verteilung nach § 82b EStDV beim Erben fortgeführt wird.

    In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin für ihren verstorbenen Ehemann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 12.1.2016. Als Werbungskosten gab sie den zum Zeitpunkt des Todes noch nicht berücksichtigten Teil der Erhaltungsaufwendungen an. Das FA berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 2016 Erhaltungsaufwendungen lediglich in der Höhe, die dem auf den Monat Januar entfallenden Anteil der an sich für 2016 angefallenen Jahresbeträge entsprach.

    Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg (FG Münster, Urteil v. 11.10.2019 - 10 K 3350/18 E).

    Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

    • In der als Personensteuer ausgestalteten Einkommensteuer ist nur der Steuerpflichtige, der die Aufwendungen getragen hat, nach § 2 Abs. 1 EStG Zurechnungssubjekt der von ihm erzielten Einkünfte. Der bislang nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen kann daher nur im Veranlagungszeitraum des Versterbens berücksichtigt werden. Ansonsten kann die beim Steuerpflichtigen mit dem Abfluss der Aufwendungen erfolgte Minderung seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit nicht im Rahmen der ihn betreffenden Steuerveranlagungen abgebildet werden. Verstirbt der Steuerpflichtige innerhalb des Verteilungszeitraums nach § 82b EStDV, ist daher der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungszeitraum seines Versterbens als Werbungskosten abzusetzen.
    • Die steuerliche Situation ist im Todesfall vergleichbar mit den übrigen ausdrücklich in § 82b Abs. 2 EStDV genannten Fällen. Nach § 82b Abs. 2 Satz 1 EStDV ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung des Gebäudes als Werbungskosten abzusetzen. Gleiches gilt, wenn ein Gebäude in ein Betriebsvermögen eingebracht oder nicht mehr zur Einkunftserzielung genutzt wird (§ 82 Abs. 2 Satz 2 EStDV).
    • Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Streitfall zu Recht erkannt, dass der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen vom verstorbenen Ehemann der Klägerin im Veranlagungsjahr 2016 als Werbungskosten abzusetzen ist.
    • Für den vom FA geltend gemachten Übergang des nicht berücksichtigten Teils der vom verstorbenen Ehemann getragenen Erhaltungsaufwendungen auf die Erbengemeinschaft besteht keine gesetzliche Grundlage.

    Quelle: BFH, Urteil v. 10.11.2020 - IX R 31/19; NWB CAAAH-76696 (RD)

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